Digitale Barrierefreiheit ab 2025: Was Unternehmen wissen sollten
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Ab Mitte 2025 sind zahlreiche digitale Anwendungen von Unternehmen grundsätzlich nur noch barrierefrei auf den Markt zu bringen. Betroffen davon sind auch Onlineshop- und Webseiten-Betreiber im Kontext mit B2C-Geschäften. Was die gesetzlichen Änderungen bedeuten. Shoppen, E-Banking, Tickets kaufen, Behördengänge – unser Leben spielt sich in vielen Bereichen mittlerweile im Internet ab. Öffentliche Institutionen wie Behörden sind bereits seit geraumer Zeit verpflichtet, ihre digitalen Angebote – also Websites und Apps – barrierefrei zu gestalten. Mit dem European Accessibility Act erfolgte im Jahr 2019 auf EU-Ebene die Erweiterung. Zukünftig sind auch bei bestimmten Produkten und Dienstleistungen für Verbraucher Anforderungen der digitalen Barrierefreiheit verpflichtend einzuhalten. Betroffen sind davon unter anderem auch Onlineshops im Kontext mit B2C-Geschäften, Apps, Online-Terminbuchungs-Tools, Hotel- und Reiseportale, auf denen Buchungen getätigt werden können, sowie Websites, auf denen Abos oder Mitgliedschaften abgeschlossen werden können. In Österreich wurden die EU-Vorgaben mit dem Barrierefreiheitsgesetz umgesetzt, das mit 28. Juni 2025 in Kraft tritt. Was bedeutet das für betroffene Unternehmen?
Barrierefreiheit: Vorteile für Unternehmen
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Fast jede fünfte Person in Österreich (18 Prozent) hat laut Erhebungen des Sozialministeriums eine physische oder psychische Behinderung. Bei digitalen Services, Webseiten oder Software stoßen diese jedoch immer wieder auf Hürden. Das Barrierefreiheitsgesetz sieht nun vor, dass ab Mitte 2025 digitale Anwendungen von Unternehmen grundsätzlich nur noch barrierefrei auf den Markt zu bringen sind. Eine Verpflichtung, die für Unternehmen auch Vorteile bringen kann:
- Unternehmen, die digitale Barrierefreiheit umsetzen, schließen ein Fünftel der Bevölkerung nicht mehr als potenzielle User aus.
- Barrierefreie Designs sind oft benutzerfreundlicher und intuitiver.
- Ein weiterer erfreulicher Nebeneffekt: Digitale Barrierefreiheit unterstützt die Maschinenlesbarkeit des Contents. Somit werden zahlreiche Aspekte umgesetzt, die auch für die Suchmaschinenoptimierung (SEO) relevant sind. Barrierefreiheit kann somit auch zu einem besseren Google-Ranking und mehr Reichweite führen.
Barrierefreie Hardware
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Betroffen von der Neuregelung sind Dienstleistungen und Produkte der Informations- und Kommunikationstechnologie, die nach dem 28. Juni 2025 in Verkehr gebracht werden. im Gesetz werden diese konkret taxativ aufgelistet. Dazu zählen nicht nur Webseiten und Onlineshops im Kontext mit B2C-Geschäften. Barrierefreiheit wird auch für „Hardwaresysteme für Universalrechner für Verbraucherinnen und Verbraucher inkl. Betriebssysteme“ – also Computer, Selbstbedienungsterminals (z. B. Geldautomaten, Fahrkartenautomaten) aber auch Mobiltelefone, E-Book-Reader und interaktive Fernseher – verlangt.
Barrierefreiheitsgesetz: Welche Unternehmen ausgenommen sind
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Ausnahmen vom Barrierefreiheitsgesetz gelten für Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitenden sowie entweder einem Jahresumsatz von weniger als zwei Millionen Euro oder einer Jahresbilanzsumme von höchstens zwei Millionen Euro. Die Anforderungen der Barrierefreiheit müssen auch nicht eingehalten werden, wenn diese zu einer grundlegenden Veränderung des Produktes oder der Dienstleistung führen oder eine unverhältnismäßige Belastung sind.
Wie werden Verstöße gegen die Barrierefreiheit geahndet?
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Verstöße gegen das Barrierefreiheitsgesetz stellen Verwaltungsübertretungen dar. Die zuständige Aufsichtsbehörde zur Marktüberwachung ist das Sozialministeriumservice. Es wird stichprobenartige Kontrollen durchführen und bei eingehenden Beschwerden aktiv werden. Im Rahmen des Gesetzes liegt der Fokus bei Kontrollen auf dem Grundsatz „Beraten vor strafen“. Bei Verstößen werden Unternehmen im ersten Schritt aufgefordert, die Anforderungen umzusetzen. Grundsätzlich können aber auch Geldstrafen von bis zu maximal 80.000 Euro verhängt werden.
Wann liegt Barrierefreiheit bei Webseiten vor?
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Ziel ist, dass Produkte und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Ein zentraler Weg dorthin ist, dass Informationen zur Nutzung des Produkts über mehr als einen sensorischen Kanal (etwa schriftlich und über Sprachausgabe) zur Verfügung gestellt werden. Die detaillierten Barrierefreiheitsanforderungen sind in Anlage 1 des Gesetzes angeführt. Was Barrierefreiheit im Internet grundsätzlich bedeutet, zeigen die vier Prinzipien, auf denen die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG), ein international anerkannter Standard in diesem Bereich, basiert:
- Wahrnehmbarkeit: Informationen müssen für alle Sinne der Benutzer wahrnehmbar sein (z. B. Bilder, Audios oder auch Videos sollten auch als Text – etwa Alternativtext, Transkript oder Untertitel – zur Verfügung stehen, damit deren Inhalte beispielsweise von Screenreadern erfasst werden).
- Bedienbarkeit: Benutzeroberflächen und Navigationselemente müssen bedienbar sein (z. B. die Website ist nicht nur mit der Maus, sondern auch mit der Tastatur bedienbar).
- Verständlichkeit: Informationen und die Bedienung der Benutzeroberfläche müssen verständlich sein (z. B. die Sprache sollte einfach und verständlich sein, die Funktionen der Website sollten vorhersehbar sein).
- Robustheit: Inhalte müssen robust genug sein, um zuverlässig von einer Vielzahl von Benutzeragenten, einschließlich assistiver Technologien, interpretiert zu werden (dazu sollte der Quellcode den formalen Standards entsprechen und die Website klar strukturiert sein).
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